Klassische Archäologie
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Projektbeschreibung

Eine römische Kultur des Lichtes

12eImg0508bearbeitetFeuer – assoziiert mit Prometheus – wurde in der griechisch-römischen Antike als zivilisationsbegründende Errungenschaft des Menschen verstanden, als Grundelement in der Metall- und Keramikproduktion sowie als Quelle von Wärme und Licht.
Das Projekt "Neues Licht aus Pompeji" nimmt erstmalig die Präsenz von Feuer als Lichtquelle im römischen Haus in den Blick. Licht in römischen Innenräumen ist bislang nur unzureichend erforscht. Bis heute besitzen wir keine realistische Vorstellung von der Ausleuchtung abends und nachts genutzter Repräsentationsräume und der großen Zahl fensterloser ‚cubicula‘, die auch tagsüber künstliche Beleuchtung erforderten. Zwei- und dreidimensionale Visualisierungen römischer Häuser zur Nachtzeit tendieren zu einer regelmäßigen Ausleuchtung der Architektur, ob im warmen Kerzenlichtton oder in abstrakter Oberlichtästhetik, die an heutige LED-Ausleuchtung angelehnt ist.
Römische Beleuchtung ist jedoch nicht nur eine quantitative Größe im Sinne der Lichtstärke, sondern hat spezifische Qualitäten, es ist gestaltendes und gestaltetes Licht. Künstlerisch anspruchsvolle spätrepublikanische und frühkaiserzeitliche Lampen und Lampenständer aus Bronze, in großer Anzahl aus den Vesuvstädten erhalten, belegen, dass dem Lampenlicht einerseits eine primär raum- und körpererschließende Wirkung zukommen sollte, und dass es anderseits nicht nur Medium, sondern, als Licht- und Schattenfigur, selbst Objekt der Wahrnehmung gewesen ist. Zu den raumbildenden und lichtspendenden Objektgattungen gehörten gleichzeitig auch Heizgeräte wie z. B. Kohlebecken und Samoware, die – im Zuge ihrer funktionalen Loslösung von der Nahrungszubereitung – zu Orten der domestizierten Natur werden.

Das Projekt widmet sich wesentlichen Fragen der Produktion und Wahrnehmung von römischem Licht und Wärme, d. h. der Herstellung und Technologie von Lichtträgern aus Bronze, sowie der der experimentellen Feststellung von Lichtstärke, -farbe und -reichweite, sowie von Wärme und Rauchentwicklung, und schließlich der phänomenologischen Dimension des Lichts als einer bildlich und figürlich gestalteten Erscheinung (skulpturaler Licht- und Schattenwurf) und der kulturellen Bedeutung von Feuer, Licht und Wärme im römischen Haus, unter besonderer Berücksichtigung des abendlichen Banketts (Cena).


Das archäologische Material

Das Projekt erschließt erstmals eine Materialgruppe, die nie systematisch vorgelegt und nicht im Hinblick auf ihre Funktion, Wirkung und Bedeutung als Feuer- und Lichtträger interpretiert worden ist: aus den Vesuvstädten erhaltene, in Bronze gegossene, zum Teil figürlich gestaltete Beleuchtungs- und Heizgeräte, d.h. Lampen, Lampenständer, Kandelaber und figürlichen ‚Lychnophoroi‘, Laternen, Kohlebecken und Authepsae im Neapler Nationalmuseum (MANN) und der Soprintendenza Archeologica di Pompei (SAP).
Den Untersuchungsgegenstand bildet ein Teilbestand des bronzenen Instrumentum Domesticum aus den Vesuvstädten. Allein die Lampen sind bisher monographisch behandelt, dies allerdings nur in einem knappen Typenkatalog, und zudem nicht vollständig. Die Kandelaber aus den Vesuvstädten sind nach der Auswahlpublikation durch Pernice (1925) bisher weder ikonographisch, typologisch und stilistisch noch kontextuell untersucht worden. Die Objekte sind z.T. durch die Lagerungsbedingungen nach 1920 erneut fragmentiert.
Durch die große Zahl an überlieferten Objekten dieser Gattungen, den eingeschränkten zeitlichen Rahmen ihrer Herstellung und Verwendung (vorgegeben durch die Herkunft aus den Vesuvstädten) sowie die teilweise bekannten Fundkontexte bietet sich die Möglichkeit einer breit angelegten Studie unter verschiedenen Fragestellungen mit der Aussicht auf belastbare Ergebnisse.

Untersuchungen und Präsentation der Projektergebnisse

Der Bestand der Beleuchtungs- und Heizgeräte wird im Rahmen des Projektes systematisch archäologisch, archäometrisch und restauratorisch analysiert, dokumentiert und monographisch sowie in einer open-access Datenbank zugänglich gemacht werden. Die Objekte sollen dort interaktiv in ihren verschiedenen thematischen Aspekten präsentiert werden, ebenso wie durch 3D-Modelle und virtuelle Lichtsimulationen ausgewählter Triklinien und Cubicula Pompejis.bearbeitetImg0718

Zur Präsentation der Projektergebnisse für die Fachwelt und ein breites Publikum wird eine abschließende, mit den Partnern gemeinsam kuratierte Ausstellung in den Antikensammlungen München mit dem Titel "Neues Licht aus Pompeji" gezeigt. Die Ausstellung wird sich der Wirkung und Bedeutung von Licht und Feuer beim römischen Gastmahl widmen und exemplarisch metallurgische, technische und konservatorische Aspekte der bronzenen Lichtträger thematisieren. Weitere Schwerpunkte liegen auf der Rezeption der Bronzegeräte nach der Entdeckung der Vesuvstädte im 18. und 19. Jahrhundert. Ein zentrales Element sind zudem virtuelle Visualisierungen von künstlichem Licht in Wohnräumen Pompejis auf Bildschirmen und in black boxes.