Klassische Archäologie
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Die Arbeitskampagne 2021 in Neapel (3.-15.10.2021)

k4Zur Erschließung und Aufnahme der Bronzelampen, Kandelaber, Lampenständer und Kohlebecken wurde vom 3.-15. Oktober 2021 von einem Team von Projektmitarbeiter:innen und Studierenden um Prof. Dr. Ruth Bielfeldt eine Arbeitskampagne im Museo Archeologico Nazionale di Napoli und in den Magazinen von Pompeji und Boscoreale durchgeführt. Die verschiedenen Objekte wurden dabei systematisch in einer Datenbank erfasst und parallel von Dr. Alessandra Giumlia-Mair und Josef Mair (AGM Meran) archäometrisch untersucht. Eine weitere Arbeitsgruppe hat einzelne Objekte mit zwei Hochleistungsscanner in 3D digitalisiert und damit eine wichtige Grundlage für die zu erarbeitenden virtuellen Lichtsimulationen geschaffen. Zur Vorbereitung der Kampagne und der geplanten Ausstellung haben Prof. Dr. Ruth Bielfeldt und – im zweiten Semester – Dr. Susanne Bosche gemeinsam mit Studentinnen und Studenten der LMU München in insgesamt zwei Hauptseminaren am Institut für Klassische Archäologie wichtige theoretische und forschungspraktische Grundlagen zur Erforschung von antikem Licht und Beleuchtungsgegenständen erarbeitet. Die gemeinsam erarbeiteten Resultate stellen eine wichtige Grundlage für die im nächsten Jahr stattfindende Ausstellung und die sie begleitenden Publikationen dar, die in diesen und den folgenden Wochen und Monaten unter Mitwirkung des gesamten Teams erarbeitet werden.

Mitwirkende der Neapel-Kampagne 2021: Dr. Susanne Bosche, Dr. Alessandra Giumlia-Mair und Josef Mair (AGM Meran), Dr. Susanne Pfisterer-Haas, Dr. Lars Grobe (Hochschule Luzern), Dr. Andreas Noback (TU Darmstadt), Johannes Eber, MA, Manuel Hunziker, MA, Amelie Lutz, MA, Magda Valsamidou, Silvia Amadori, Berglind Hatje, Moritz Baiter, Philippa Maske, Philipp Schermer und Laura Zinn.

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Erfahrungsberichte

Bericht zu den Hauptseminaren zum Projekt
Amelie Lutz

Begleitend zum Forschungsprojekt finden mehrere universitäre Veranstaltungen statt, in denen nicht nur die Inhalte des Projektes vermittelt werden, sondern in denen sich die Studierenden aktiv an der Entwicklung der Ausstellung einbringen können. Im Sommersemester 2021 wurden hierzu zwei (größtenteils digital abgehaltene) Veranstaltungen angeboten, ein Hauptseminar und eine Übung zum antiken Bronzeguss. In der Übung wurde in die Praktiken und Prozesse des Bronzegusses eingeführt u.a. mithilfe von Gastvorträgen, beispielsweise von Dr. Alessandra Giumlia-Mair zu Bronzelegierungen wie der korinthischen Bronze. Am Ende des Semesters konnten die Übungsteilnehmer bei einem Besuch in den Antikensammlungen ausgewählte Bronzeobjekte der dortigen Sammlung genauer kennenlernen. Ein spektakuläres Highlight war ebenfalls der Besuch bei einer Bronzegießerei, bei dem vor unseren Augen selbstgestaltete Kleinfiguren, die wird zuvor als Wachsmodelle geformt hatten, gegossen wurden. Die Figuren durfte jeder Teilnehmer mitnehmen und selbstständig nachbearbeiten. Das Hauptseminar erarbeitete währenddessen vielfältige inhaltliche Aspekte der Lichtthematik, von philosophischen Fragestellungen zur griechischen Metaphysik des Lichts, zu einer römischen Kulturgeschichte der Nacht, bis hin zu einer digitalen Rekonstruktion von Lichtverhältnissen in einem römischen Haus und Deutungsansätzen zu Lampenständern in Baumform. In den letzten Sitzungen des Hauptseminars widmeten sich die Kursteilnehmer in einem Workshop der Hermeneutik verschiedener Lampengruppen, z.B. Lampen mit Tierdekor oder in Kopfform.
Im aktuell laufenden Wintersemester 2021/22 findet wieder ein Hauptseminar statt, in dem nun vor allem um Fragen der Ausstellungskonzeption behandelt werden. Anhand von Besuchen in verschiedenen Ausstellungen in Münchner Museen erfahren die Kursteilnehmer unterschiedliche Ansätze musealer Vermittlungsmöglichkeiten und besprechen diese anschließend in angeregten Diskussionen. Daneben beginnen die Kursteilnehmer mit der Gestaltung musealer Texte, einerseits von Wandtexten, aber auch von Katalogbeiträgen, über die sich die Studierenden in Gruppenarbeit konstruktiv austauschen werden.

Erfahrungsbericht zur Neapel-Kampagne (3.-15.10.2021)
Dr. Susanne Pfisterer-Haas

Relativ neu im Projekt aber mit Erfahrung mit Objekten aus Bronze war ich sehr gespannt auf die Kampagne nach Neapel und voller Vorfreude auf das Kennenlernen neuer Materialgruppen und die Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen und Student*innen.
Unser Team bekam gute Arbeitsmöglichkeiten im Gabinetto fotografico, im Reich des ehemaligen Fotografen zur Verfügung gestellt, wo uns die Ausstellungsobjekte großzügig zur metallurgischen Untersuchung, zum Fotografieren, Vermessen und Beschreiben überlassen wurden. Mit Spannung erwarteten wir täglich, was Amelia und andere hilfreiche Geister Neues aus dem Depot brachten.
k5Da ich gerne möglichst konkret an und mit den Objekten arbeite, hatte ich mir zum Einstieg vorgenommen, Gewicht und Volumen der Lampen mit feinkörnigem Kunststoffgranulat zu messen. Solche Messungen liegen bisher kaum vor. Sie sind aber wichtig, um z.B. die Brenndauer der Lampen berechnen zu können. Man ließ Öllampen nämlich in der Regel ausbrennen, da ein vorzeitiges Löschen einen üblen Geruch erzeugt hätte.
Begeistert hat mich die Vielgestaltigkeit der Lampen, die von schlichten einflammigen Lampenkörpern mit einem Griff, der in einen Tierkopf endet, über zwei- und mehrflammigen Lampen mit Reflektoren in unterschiedlicher Gestalt bis zu Prachtlampen mit aufgesetzten Figuren reicht, die auch auf der Unterseite dekoriert sind und Lampen, die in Baumkandelabern hängen.
Keines der von uns untersuchten Bronzeobjekte weist noch seine ursprüngliche hellglänzende, stark reflektierende Oberfläche auf, da Gegenstände aus Bronze immer mit ihrer Umwelt reagieren, egal ob sie in einem Haus benutzt werden, verschüttet die Jahrhunderte überdauern oder in einem Museumsdepot stehen. Im günstigen Fall bildet sich eine grünliche bis schwarzbraune Patina aus, die die ursprüngliche Form kaum vermindert wiedergibt. Je nach Umgebung können sich aber auch Pusteln und Ausblühungen bilden oder die Oberfläche beginnt, sich schuppig abzulösen. Die genaue Dokumentation der unterschiedlichen Zustände bildet die Grundlage für ein umfangreiches Restaurierungsprogramm, um die betroffenen Objekte in ihrem Bestand zu sichern.
Gleichsam vom Hauch der Geschichte angeweht fühlte ich mich, als ich Lampen in der Hand hielt, an denen die Spuren der Katastrophe von 79 n. Chr. noch unmittelbar abzulesen waren, etwa in Form von kleinen Lapilli, die mit der Korrosion verbacken noch an der Lampe haften oder z.B. einem Lampendeckel, der durch die Hitzeeinwirkung in den Lampenkörper eingeschmolzen ist. Solche „Schicksalsspuren“ gelten heutzutage als absolut erhaltenswert. Dass dies nicht immer so war, ließ sich an manchen Lampen ablesen, die zu unterschiedlichen Zeiten während der letzten zwei Jahrhunderte restauriert wurden und mit ihren Ergänzungen, Kombinationen, Überzügen und künstlichen Patinen den jeweils üblichen Zeitgeschmack bedienten. Ein eigenes interessantes Forschungsfeld!
Zum Abschluss noch eine ganz lebenspraktische Beobachtung, die ich machen konnte: Die allermeisten Lampengriffe liegen richtig gut in der Hand!

Erfahrungsbericht der 3D-Scannergruppe
Team: Manuel Hunziker, Philippa Maske, Moritz Baiter, Philip Schermer

Begleitet wurde die Forschungskampagne im Oktober 2021 von einem vierköpfigen 3D-Digitalisierungsteam. Zwei 3D-Scanner samt mobilen Workstations hatten die Expert*innen aus München im Gepäck. Das Ziel war die hochauflösende Digitalisierung mehrerer Stücke aus dem Bestand des archäologischen Nationalmuseums Neapel, dem archäologischen Park Pompeji sowie dem Antiquarium in Boscoreale.
3d-1So sollte ein großer Teil der Stücke aus Neapel und Boscoreale in einer bestmöglichen Detailgenauigkeit aufgenommen werden, um daraus anschließend Repliken im Maßstab 1:1 herstellen zu können. Hierzu wurde der 3D-Scanner SmartScan aus dem Hause Hexagon/Aicon eingesetzt. Durch sein modulares Messsystem lässt sich dieser 3D-Scanner an jegliche Anforderungen der zu scannenden Objekte anpassen. Kleinere sowie filigrane Stücke ließen sich damit genauso effizient und mit einer hohen Detailtreue wie auch große Objekte erfassen. Der Scanner projiziert hierzu ein Streifenmuster auf die zu scannende Fläche, die simultan von zwei hochauflösenden Farbdigitalkameras erfasst wird. Durch die definierte Lage der Kameras zum Projektor wird über Triangulation eine dreidimensionale Punktwolke des festgelegten Ausschnittes berechnet. Während des Scanvorgangs lassen sich durch die Kameras auch Farbinformationen der Oberfläche aufnehmen, die unmittelbar mit dem digitalen Modell verrechnet werden. Nach einer Aufnahme wird der Scanner an die nächste Position versetzt oder das Objekt umpositioniert.
3d-2Weitere Objekte, insbesondere aus Pompeji, wurden für eine digitale und interaktive Visualisierung im Rahmen der zukünftigen Ausstellung gescannt. Hier leistete der kompakte EinScan-Pro+ der Firma SHINING 3D dem Team gute Dienste. Durch seine kompakte Bauform war dieser speziell für den mobilen Einsatz geeignet und ließ sich auch problemlos zwischen den Einsatzorten transportieren. Trotz der geringen Ausmaße konnte man auch mit dem mobilen 3D-Scanner feine Details der Objekte in einer hohen Auflösung erfassen. Das Aufnahmeverfahren ist vergleichbar mit dem des Aicon SmartScan.
Im Rahmen der zweiwöchigen Kampagne konnten abschließend insgesamt 18 Objekte vollständig und in hoher Auflösung aufgenommen werden. Das über ein halbes Terabyte umfassende 3D-Datenmaterial wird nun in unserem auf 3D-Datenverarbeitung spezialisierten Computerlabor in München nachbearbeitet sowie für die entsprechenden Verwendungszwecke fertiggestellt.

Studentische Eindrücke zur Kampagne

„In Neapel hatte ich das große Glück mit der Metallurgin Dr. Alessandra Giumlia-Mair zusammenzuarbeiten. Während sie die einzelnen Objekte untersuchte, habe ich Protokoll geführt. Ich habe bei der Arbeit extrem viel über die Objekte selbst, sowie das mir bis dahin unbekannte Feld der Metallurgie gelernt. Besonders faszinierend fand ich, wie viel man allein durch das Betrachten über die Geschichte eines Objektes herausfinden kann.“

Laura Zinn

„In den zwei Wochen in Neapel habe ich nicht nur viel über die Organisation einer Ausstellung hinter den Kulissen lernen können, sondern auch über das Fotografieren antiker Objekte. Unter professioneller Einführung von Johannes Eber, haben wir die einzigartige Möglichkeit gehabt das Fotografieren für Kataloge zu erlernen und schließlich in der zweiten Woche eigenständig zu vertiefen. Und durch diesen detailorientierten Blick auf das Objekt und durch die Linse haben wir mehr über die Objekte gelernt, als irgendwie anders möglich gewesen wäre. Es war in jeglicher Hinsicht eine Bereicherung bei der Projektarbeit teilnehmen zu dürfen.“

Berglind Hatje

„Die Möglichkeit zur Mitarbeit an dem Projekt „Neues Licht aus Pompeji“ war von Beginn an eine aufregende und interessante Gelegenheit, obwohl sich die Teilnahme am Anfang auf einen Onlinekurs beschränken musste. Als ich dann aber die Gelegenheit hatte, nach Neapel zu fahren, um an der Studienkampagne teilzunehmen, wurde mir klar, was es wirklich bedeutet, in Kontakt mit den Objekten zu arbeiten, sie in den Händen zu halten und jedes Detail genau zu beobachten. Meine KollegInnen und ich waren vor allem damit beschäftigt, die Datenbank zu aktualisieren, um eine vollständige Datensammlung zu erstellen, die alle notwendigen Informationen über jedes an dem Projekt beteiligte Stück enthält. Diese Art von Arbeit ermöglichte es mir nicht nur, die Bedeutung bestimmter Details der Objekte zu verstehen, die auf den ersten Blick vielleicht unbemerkt bleiben, sondern auch neu zu bewerten, wie präzise Messungen der Länge, Höhe und Tiefe, des Gewichts und des Fassungsvermögens eines Objekts eine grundlegende Rolle bei seiner Gesamtbewertung und Katalogisierung spielen können."

Silvia Amadori

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