Grabungskampagne 2024: Arbeitsschritte
Die fünfwöchige Grabungskampagne fand vom 6. Sept. bis zum 11. Okt. statt, und die Fundbearbeitung erfolgte, um eine Woche versetzt, vom 13. Sept. bis zum 18. Okt. 2024.
Die zahlreichen Ergebnisse der Grabungen und der Fundbearbeitung befinden sich derzeit in der Phase der Aufarbeitung, Informationszusammenführung und Auswertung.
(Moritz Baiter)
Stratigraphische Grabungen:
Angesichts der Fokussierung auf die vor- und frührömischen Siedlungsschichten konzentrierten sich auch in dieser Kampagne die Ausgrabungen auf den Bereich um das Forum. Hier wurden drei Grabungsschnitte (18, 19, 20/22) angelegt, die jeweils an bereits in den Jahren zuvor erkundete Areale anschließen. Ein vierter Grabungsschnitt (21/23) wurde weiter nordöstlich im Bereich des mutmaßlichen Isis-Tempels angelegt, um die frühe Geschichte dieses Heiligtums zu erkunden.
(Foto: Hakim Kerkeni) (Foto: Björn Schumann)
Schnitt 18 (Leitung: Kristina Junker und Leah Schiebel):
Dieser Schnitt wurde im Anschluss an die früheren Grabungen in den Schnitten 4 und 14 nach Süden zur Mitte des Forumsplatzes hin angelegt. Da die Platten der Forumspflasterung bereits in der Antike weitestgehend entfernt worden waren, konnten die früheren Siedlungsschichten hier auf größerer Fläche freigelegt werden. Dabei kam erstmals ein aus mehreren Räumen und Freiflächen bestehender steinerner Hauskomplex aus dem späten 4. oder frühen 3. Jh. v. Chr. zutage. Darunter befanden sich, in den natürlichen Boden eingetieft, mehrere lange Gräben sowie zahlreiche Pfostenlöcher. Wie die Funde zeigen, fanden die ersten Siedlungsaktivitäten nicht erst im mittleren, sondern bereits im frühen 4. Jh. v. Chr. statt.
(Foto: Hakim Kerkeni) (Foto: Björn Schumann)
Schnitt 19 (Leitung: Marcel Deckert):
Dieser Schnitt wurde im Südwesten des Forumsplatzes angelegt, ausgehend von den früheren Schnitten 7 und 15 nach Osten hin. Dabei gelang es, die Fundamente der Frontseite des großen „Südtempels“ freizulegen, der ab der frühen Kaiserzeit das dominierende Bauwerk auf der Südwest-Seite des Forums war. In den Fundamenten verbaut fanden sich große Architekturblöcke eines früheren, aus Kalkstein errichteten Monumentalbaues aus dem 1. Jh. v. Chr. Darunter kamen Teile eines solide gebauten, mit einer Zisterne versehenen Hauses aus dem 2. Jh. v. Chr. zutage.
(Foto: Hakim Kerkeni) (Foto: Björn Schumann)
Schnitte 20/22 (Leitung: Sebastian Kranz):
Nördlich des in Schnitt 3 ergrabenen Badegebäudes war bei den Grabungen 2023 in Schnitt 16 die Apsis eines bislang unbekannten Tempels entdeckt worden. Östlich davon konnten nun die Außenmauern dieses Tempels gefunden werden, der, etwas kleiner als der benachbarte „Südtempel“, ebenfalls in der frühen Kaiserzeit errichtet wurde. Noch weiter östlich wurden die Mauern eines weiteren imposanten, aus großen Kalksteinblöcken errichteten Gebäudes aus dem späten 2. oder frühen 1. Jh. v. Chr. entdeckt. Das Fundmaterial aus den frühesten Schichten reicht bis in das frühe 4. Jh. v. Chr. zurück.
(Foto: Hakim Kerkeni) (Foto: Björn Schumann)
Schnitte 21/23 (Leitung: Stephanie Kranz):
Diese Grabungen wurden in dem flachen weitläufigen Gelände westlich des Theaters durchgeführt, wo bei der Magnetometer-Prospektion ein Heiligtum zutage getreten war. Der aus einem von Portiken umgebenen Hof mit einem Podiumtempel im Zentrum bestehende Baukomplex wurde, wie sich bei den Grabungen 2018 in Schnitt 8 zeigte, in flavischer Zeit errichtet und wahrscheinlich der Isis geweiht. Die neuen Grabungen im hinteren Teil der Anlage ergaben, dass die rückwärtige Porticus, wie bei Isis-Tempeln üblich, mehrere Zisternen enthielt und dieser ganze Raumbereich in der Kaiserzeit mehrfach umgestaltet wurde. Das Fundmaterial aus den frühesten Schichten darunter reichen in die erste Hälfte des 1. Jhs. v. Chr. zurück.
(Foto: Björn Schumann) (Foto: Björn Schumann)
Bearbeitung und Analyse der Funde (Leitung Karin Mansel):
Die zahlreichen Funde wurden in den Räumlichkeiten des INP im Bordj Ghazi Mustapha in Houmt Souk bearbeitet. Hier wurden sie gereinigt, sortiert, klassifiziert, in excel-Listen dokumentiert, fotografiert, teilweise restauriert und schließlich deponiert. Die gesammelten Daten wurden in die Grabungsdatenbank iDAI.field2 eingegeben und hier mit den Befunden, aus denen sie stammen, verlinkt.
Um die Ergebnisse der Keramikanalysen zeitnah für die Auswertung der Grabungsbefunde verfügbar zu machen, wurden die diagnostischen Scherben in einer Übersichtstabelle erfasst, in der die verschiedenen stratigraphischen Einheiten (SE) mit ihrer Keramikzusammensetzung und den hieraus abgeleiteten Datierungen dokumentiert sind. Insgesamt konnten während der Grabungskampagne bereits 252 SE (vorwiegend aus den punischen Phasen und er frühen Kaiserzeit) klassifiziert und über 16.000 Gefäßkeramikscherben bearbeitet werden. Unter den Gefäßen aus den frühen Befundschichten dominieren Amphoren unterschiedlicher Provenienz, und hinzu kommen verschiedene Formen von Trink-, Ess- und Kochgeschirr. Neben den zahlreichen Importen gibt es auch in geringerer Zahl freigeformte Gefäße aus lokaler Produktion.
Weitere Funde sind Architekturelemente, zahlreiche Münzen und diverse Kleinobjekte (wie Webgewichte, Spielsteine und Nägel). Tierknochen und pflanzliche Überreste wurden gesondert und nach den jeweiligen gattungsbezogenen Standards bearbeitet.