Klassische Archäologie
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Die Grabungskampagnen 2017 und 2018: Arbeitsschritte und Methoden

 2 - meninx - seit_2017

Auf der Grundlage des bei der Prospektion 2015 gewonnenen Einblicks in die urbane Struktur von Meninx erforschen wir seit 2017 gezielt die Geschichte der weitläufigen Hafenmetropole.

Diese Feldforschungen bestehen aus mehreren, eng miteinander verzahnten Projektkomponenten:
1. Stratigraphische Grabungen
2. Bearbeitung und Analyse der Funde
3. Studien zur Architektur und Skulptur aus Meninx
4. Ausdehnung der geophysikalischen Prospektion
5. Unterwasserarchäologische Untersuchungen

Diese Arbeiten wurden während zweier, jeweils sechswöchiger Grabungskampagnen im Herbst 2017 und 2018 durchgeführt. Diesen folgte jeweils eine vierwöchige Frühjahrskampagne 2018 und 2019, um die Bearbeitung der Funde abzuschließen.
Die Ergebnisse der bisherigen Forschungen werden derzeit zur Publikation vorbereitet.

1. Stratigraphische Grabungen 

3- meninx - grabungsareale_2017

 Das Ziel der Grabungen besteht darin, in ausgewählten Arealen exemplarisch einen möglichst umfassenden Einblick in alle Perioden der Stadtgeschichte zu gewinnen.

 

 

 

 

 

 

Bei den Grabungen und der Analyse des Fundmaterials werden drei hauptsächliche Fragestellungen verfolgt:

  • Zunächst zielen die stratigraphischen Untersuchungen darauf ab, an ausgewählten, im Magnetometerbild sichtbar gewordenen kaiserzeitlichen Bauten Fragen zu deren Binnenstruktur, Funktion, Baugeschichte und infrastrukturellen Vernetzung (Verkehrsanbindung, Wasserversorgung etc.) zu beantworten. Hierbei sollen die diversen Grabungsareale mit der übergeordneten Absicht aufeinander abgestimmt werden, Einblick in möglichst verschiedene Lebensräume zu gewinnen (Orte der Produktion und des Handels, des Kultes, des Wohnens).
  • Sodann geht es darum, Einblick in die bislang nahezu unbekannte frühe Siedlungsgeschichte von Meninx zu bekommen, die mindestens bis in das 4. Jh. v. Chr. zurückreicht. Die Erkundung der früheren Siedlungsphasen soll helfen, eine Vorstellung von der Ausdehnung, Struktur und Entwicklung von Meninx in jenen Jahrhunderten zu bekommen, bevor der Bauboom des 2. und 3. Jhs. n. Chr., dem wahrscheinlich alle der im Magnetometerbild sichtbaren Monumentalbauten ihre Errichtung verdanken, das Erscheinungsbild der Stadt tiefgreifend veränderte.
  • Und schließlich sollen die Umstände erkundet werden, unter denen der Kernbereich der Stadt in der Spätantike allmählich aufgegeben wurde. Beim sukzessiven Vordringen in die Tiefe ist jeweils zunächst zu prüfen, wo und wie genau sich die in der Spätantike erfolgte, durch mächtige Abfallhaufen aus Schneckengehäusen indizierte Verlagerung der Purpurproduktion von den Randbereichen der Stadt in ihr vormaliges repräsentatives Zentrum fassen lässt (Größe, Struktur und Dichte von Purpur- und anderen Produktionsstätten).
4 - meninx - grabung          5 - meninx - grabungsbesprechung
Da der älteste Siedlungskern von Meninx im Bereich um das Forum zu lokalisieren ist, wurde hier mit den Grabungen begonnen. Bei der Kampagne 2017 wurden im Umfeld des Forums sowie am Macellum insgesamt vier Areale von jeweils 10 x 10 m Größe untersucht. 2018 wurden zwei dieser Schnitte erweitert sowie fünf neue Grabungsschnitte angelegt, davon zwei im Bereich um das Forum und drei außerhalb desselben. Hierbei konnten Siedlungsschichten aus allen Perioden der Stadtgeschichte erfasst werden, vom 4. Jh. v. Chr. bis zum 7. Jh. n. Chr.

Zur Datenaufnahme der Befunde und Funde wird in Kooperation mit dem DAI das Datenbanksystem iDAI.field verwendet, das eine effiziente Zusammenführung der komplexen Einzelinformationen aus unseren Grabungen sowie die projektübergreifende Vergleichbarkeit der Grabungsdaten gewährleistet.

 

 2. Bearbeitung und Analyse der Funde 

6 - meninx - keramikauslegungDie Funde wurden parallel zu den Grabungen bearbeitet und ausgewertet, um die Informationen zu den einzelnen Befundschichten zeitnah vor Ort nutzen zu können. Ziel der in der Schlussphase befindlichen Fundauswertung ist es, durch die sorgfältige Dokumentation, Auswertung und mikro- wie überregionale Vernetzung der diversen Fundgattungen einen Einblick in das Alltagsleben der Stadt von punischer Zeit bis in die Spätantike (häusliche Lebensweisen, Produktionszweige, Handelsbeziehungen etc.) zu gewinnen.

 

 

 Von den überaus zahlreichen und vielfältigen Funden, die bei den Grabungen 2017 und 2018 zutage kamen, werden folgende Gattungen jeweils gesondert von Spezialisten bearbeitet und zur Publikation vorbereitet:

  • Vorrömische, insbesondere punische Gefäßkeramik
  • Kaiserzeitliche Gefäßkeramik
  • Spätantike Gefäßkeramik
  • Münzen
  • Kleinfunde aus Metall
  • Kleinfunde aus Glas und Bein
  • Marmorskulpturen
  • Mosaik
  • Wandmalerei
  • Tierknochen
  • Pflanzenreste
7 - meninx - fundmagazin       8 - meninx - funddateneingabe

Ausgewählte Funde werden vor Ort sachgemäß restauriert.

 

3. Studien zur Architektur und Skulptur aus Meninx

Im Rahmen des Tübinger Projektes „Studien zu antiker Architektur und Skulptur auf Djerba“ werden sowohl die vor Ort oberirdisch sichtbaren Architekturteile als auch die bislang unpublizierten, aus Meninx stammenden Bauglieder und Skulpturen untersucht, die im Bordj Ghazi Mustapha in Houmt Souk aufbewahrt werden.

9 - meninx - kapitell-zeichnung       10 - meninx - skulptur_im_borj

Genauere Informationen und erste Ergebnisse sind auf der Tübinger Webseite „Studien zu antiker Architektur und Skulptur auf Djerba“ zu finden.

 

 4. Ausdehnung der geophysikalischen Prospektion

 II - 2017_Geophysik Kopie         11 - meninx - prospektion

Ausgehend von den Ergebnissen der 2015 durchgeführten geophysikalischen Prospektion im Kernbereich der kaiserzeitlichen Stadt, wurden die Magnetometer-Messungen erheblich ausgedehnt.
2017 wurde nordöstlich des Prospektionsgebietes von 2015 ein zweites großes Gebiet sondiert, um Aufschluss über die Fortsetzung des Straßennetzes und die Bebauung in der Küstenzone nördlich des Theaters zu bekommen.
Und 2018 wurde die Prospektion dann erstmals auf die nordwestliche Seite der modernen Küstenstraße ausgedehnt, um an die Peripherie der Stadt vorzustoßen und Einblick in die Ausdehnung des städtischen Siedlungsraumes und seine Strukturierung bis in die Randbezirke zu gewinnen. 

 

5. Unterwasserarchäologische Untersuchungen

In Ergänzung zur terrestrischen Prospektion wurden erstmals in Meninx unterwasserarchäologische Untersuchungen durchgeführt. Ziel war es, die Baustrukturen zu erforschen, die unter dem seit der Antike angestiegenen Meeresspiegel liegen, und damit das zu Lande gewonnene Bild der kaiserzeitlichen Stadtanlage zu vervollständigen.

3_2017_u_erwasser_l       12 - meninx - unterwasserprospektion

  • Zum einen war zu klären, wie weit die heute vom Meer überspülte Küstenzone bebaut war und wo genau die antike Küstenlinie verlief.
  • Zum anderen sollte Aufschluss über die zuvor völlig unbekannten Hafenanlagen von Meninx gewonnen werden. Von zentraler Bedeutung hierfür sind die tiefen und breiten Unterwasserkanäle, die das Flachmeer in der Bucht vor Meninx durchziehen und für Schiffe mit größerem Tiefgang die einzige Möglichkeit boten, sich vom Meer her der Stadt zu nähern.

Bei der Herbstkampagne 2017 wurde die Flachwasserzone vor der antiken Stadt mittels Sedimentbohrungen und Sidescan-Sonar-Prospektionen untersucht. Hieran anknüpfend, wurde 2018 die antike Küstenzone mittels weiterer Sedimentbohrungen gezielt auf Schiffsanleger hin untersucht, und in dem stadtnahen Unterwasserkanal wurden Sidescan-Sonar-Fahrten, Prospektionstauchgänge und erstmals auch Unterwasser-Grabungen durchgeführt, um Aufschluss über den Schiffsverkehr zu gewinnen.
Eine Zusammenfassung der ersten Ergebnisse erscheint im Jahresbericht 2017 der Bayerischen Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e. V.